
Der letzte Arbeitstag bedeutet für viele Menschen Befreiung und neue Freiheiten. Für andere beginnt jedoch eine Phase innerer Unsicherheit. Die vertraute Struktur fehlt, der berufliche Alltag löst sich auf und es entsteht ein Gefühl von Leere.
Dieses Phänomen wird zunehmend als Empty Desk Syndrom beschrieben. Es beschreibt die emotionale Herausforderung, die entsteht, wenn ein zentraler Lebensbereich endet und noch keine neue Rolle an seine Stelle getreten ist.
Wenn Arbeit mehr war als ein Job
Besonders betroffen sind Menschen, deren Beruf über viele Jahre ein wesentlicher Teil ihrer Identität war. Für viele Führungskräfte, Selbstständige oder engagierte Fachkräfte war die Arbeit mehr als Erwerbstätigkeit. Sie war Orientierung, Aufgabe und sozialer Mittelpunkt.
Typische Anzeichen, die im Zusammenhang mit dem Empty Desk Syndrom häufig beschrieben werden, sind:
- ein Gefühl von Nutzlosigkeit oder Unsichtbarkeit
- fehlende Tagesstruktur
- Rückzug aus sozialen Kontakten
- depressive Verstimmungen oder Reizbarkeit
Nicht selten kommt der Gedanke hinzu, dass es „falsch“ sei, sich so zu fühlen, weil viele Menschen den Ruhestand als etwas Positives darstellen. Genau dieser Vergleich verstärkt die innere Unsicherheit.
Warum darüber gesprochen werden muss
Das Empty Desk Syndrom ist kein medizinischer Fachbegriff, doch seine Auswirkungen sind real.
Fachgesellschaften wie die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie weisen darauf hin, dass psychische Belastungen beim Übergang in den Ruhestand häufiger vorkommen, als viele vermuten.
Auch das Deutsche Institut für Altersvorsorge hebt hervor, dass die emotionale Seite des Ruhestands oft unterschätzt wird. Besonders dann, wenn der Ausstieg abrupt erfolgt oder nicht freiwillig war, kann der Übergang zu einer erheblichen psychischen Belastung werden.
Diese Perspektiven machen deutlich, warum es wichtig ist, über die emotionalen Folgen des beruflichen Abschieds zu sprechen.
Fünf Wege aus der Leere
Der inneren Leere einen Namen geben
Wer erkennt, was er fühlt, macht den ersten Schritt. Das Empty Desk Syndrom ist kein Zeichen von Schwäche, sondern eine nachvollziehbare Reaktion auf einen großen Umbruch.
Neue Aufgaben finden, die Bedeutung geben
Viele Menschen schöpfen Kraft aus Aufgaben, die ihnen ein Gefühl von Wirksamkeit geben. Dazu gehören Ehrenamt, Mentoring, projektbasierte Tätigkeiten oder kreative Vorhaben.
Eine Tagesstruktur bewusst gestalten
Routinen schaffen Orientierung. Feste Zeiten für Bewegung, Kontakte oder persönliche Projekte können Stabilität geben und die Tage wieder klarer strukturieren.
Soziale Kontakte aktiv pflegen
Der Austausch mit früheren Kolleginnen und Kollegen oder der Aufbau neuer sozialer Verbindungen schützt vor Isolation und stärkt psychische Gesundheit.
Professionelle Unterstützung nutzen
Wenn die Leere länger anhält oder depressive Symptome auftreten, kann es hilfreich sein, Beratung oder psychologische Unterstützung in Anspruch zu nehmen.
Fazit
Nicht jeder Ruhestand beginnt mit Ruhe. Viele Menschen erleben ihn als emotionalen Übergang, der Zeit, Orientierung und Unterstützung braucht.
Das Leben nach dem Beruf ist ein neuer Abschnitt, der bewusst gestaltet werden darf. Mit Struktur, neuen Aufgaben und sozialer Nähe lässt sich dieser Weg erfüllend gestalten.
Erfahrene Fachkräfte finden heute vielfältige Möglichkeiten, ihre Perspektiven neu auszurichten und ihre Erfahrung weiter einzubringen.
Quellen
- Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN): Zahlen und Fakten zur psychischen Gesundheit
https://www.dgppn.de/schwerpunkte/zahlenundfakten.html - Deutsches Institut für Altersvorsorge (DIA): Warum arbeiten Menschen im Rentenalter?
https://www.dia-vorsorge.de/studie/warum-arbeiten-menschen-im-rentenalter/
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