
Einleitung: Wie du diesen Guide nutzen kannst
Du hast eine Einladung zu einem Interview bekommen oder möchtest dich grundsätzlich auf zukünftige Gespräche vorbereiten. Dieser Guide soll dir helfen, dich strukturiert und bewusst auf Interviews vorzubereiten.
Du kannst ihn komplett durchlesen, wenn du ganz neu im Thema bist, oder gezielt einzelne Teile nutzen, wenn du dich zum Beispiel konkret auf ein Video Gespräch, einen Case oder ein Telefoninterview vorbereitest.
Themen:
1. Einleitung: Wie du diesen Guide nutzen kannst
2. Grundprinzipien eines erfolgreichen Interviews
3. Kompetenzen, die Arbeitgeber besonders wichtig finden
4. Der Interviewprozess im Überblick
5. Interviewformate verstehen
6. Typische Arten von Interviewfragen
7. Case Interviews und Brain Teaser
8. Typische Interviewfragen verstehen und beantworten
9. Unternehmen vor dem Interview recherchieren
10. Die Interview Rubric zur Selbsteinschätzung
11. Schlussgedanke
1. Grundprinzipien eines erfolgreichen Interviews
Vorbereitung als Basis
Gute Interviews passieren nicht zufällig. Sie entstehen, wenn du dir vorher Zeit nimmst, um:
- für jedes Interview separat zu planen
- mögliche Fragen aus der Stellenbeschreibung abzuleiten
- Antworten zu üben und laut auszusprechen
- die üblichen Formate und Fragearten zu kennen, die in der Branche vorkommen
- mehrere kurze Geschichten parat zu haben, die deine Stärken zeigen
Diese drei bis fünf Geschichten sind ein zentraler Baustein. Es können zum Beispiel Situationen aus Studium, Nebenjob, Praktikum, Ehrenamt oder einem Projekt sein. Wichtig ist, dass sie typische Kompetenzen widerspiegeln, die Arbeitgeber schätzen und die zur angestrebten Position passen.
Worauf Interviewende immer achten
Unabhängig davon, wie die Fragen genau formuliert sind, versuchen Interviewende im Kern immer dieselben Dinge herauszufinden:
- Kann diese Person die Aufgabe inhaltlich bewältigen
- Hat sie die richtige Motivation für die Rolle und die Organisation
- Passt sie menschlich in das Team und zur Kultur
- Geht sie verantwortungsvoll mit Zeit, Aufgaben und Fehlern um
Wenn du deine Vorbereitung darauf ausrichtest, diese vier Fragen mit deinen Antworten zu beantworten, bist du sehr gut aufgestellt.
Kommunikation als Schlüssel
Erfolgreiche Kandidatinnen und Kandidaten sind nicht nur fachlich gut, sondern können das auch klar vermitteln.
Sie erklären ihre Erfahrungen verständlich, verknüpfen sie mit der konkreten Stelle und schaffen es, Enthusiasmus und Professionalität zu zeigen.
Dazu gehört auch das Verhalten vor und nach dem Interview: freundlich und strukturiert in E Mails, pünktlich, verlässlich, und mit einem passenden Follow up nach dem Gespräch.
2. Kompetenzen, die Arbeitgeber besonders wichtig finden
Viele Arbeitgeber orientieren sich an bestimmten Kernkompetenzen, wenn sie beurteilen, ob jemand für den Berufseinstieg bereit ist. Drei Bereiche stechen immer wieder hervor.

Was dies für die Vorbereitung auf Vorstellungsgespräche bedeutet
Die Vorbereitung auf ein Vorstellungsgespräch ist mehr als das bloße Auswendiglernen von Antworten auf eine Liste möglicher Fragen. Es geht vielmehr darum, die eigenen Erfahrungen aus dem Studium, dem Sport, der Vereinsarbeit oder privaten Projekten durch die Brille der im Berufsleben gefragten Kompetenzen zu betrachten. Dabei sollten Sie diese Erfahrungen gezielt auf die Position beziehen, für die Sie sich bewerben.
3. Der Interviewprozess im Überblick: vorher, während, nachher
Ein Interview besteht nicht nur aus der Stunde im Gespräch, sondern aus einer Reihe von Schritten davor und danach.
3.1 Vor dem Interview
Die Vorbereitungsphase umfasst:
- Fragen aus der Stellenbeschreibung ableiten
Wenn zum Beispiel in der Anzeige steht, dass du sehr organisiert sein musst, kannst du damit rechnen, dass eine Frage in Richtung Zeitmanagement oder Organisation kommt. - Antworten schriftlich entwerfen und laut üben
Es ist etwas anderes, ob du eine Geschichte im Kopf hast oder sie tatsächlich in klaren Sätzen sagen kannst. Eine kurze Selbstaufnahme mit dem Handy kann helfen. - frühzeitig auf notwendige Anpassungen hinweisen
Wenn du zum Beispiel eine Seh oder Hörbeeinträchtigung oder eine Einschränkung der Mobilität hast, kannst du vorab Bescheid geben, damit das Interview entsprechend angepasst wird. - Reisekosten und Organisation klären
Du kannst nicht automatisch davon ausgehen, dass ein Unternehmen Reisekosten übernimmt. Wenn nichts dazu kommuniziert wurde, kannst du höflich nachfragen. - Fragen an den Gesprächspartner vorbereiten
Diese Fragen sollten dir helfen zu verstehen, wie die Rolle aussieht, wie die Erwartungen sind und wie die Kultur im Unternehmen wirkt. Themen wie Urlaub oder Benefits hebst du dir eher für den Moment auf, in dem dir ein Angebot vorliegt.
3.2 Während des Interviews
Während des Gesprächs hilft dir folgende innere Struktur:
- Fragen, ob du Notizen nutzen darfst
Ein Block oder ein paar Stichworte können helfen, den Überblick zu behalten. - Klar haben, welche Botschaften du transportieren möchtest
Du kannst dir vor dem Gespräch drei bis vier Hauptpunkte notieren, die du über dich vermittelt haben willst, etwa eine Stärke, eine Schlüsselgeschichte oder einen besonderen Schwerpunkt. - aktiv zuhören und Rückfragen stellen
Das zeigt Respekt und Interesse und verhindert Missverständnisse. - am Ende Klarheit über weitere Schritte schaffen
Es ist sinnvoll, am Schluss konkret zu wissen, wie du die Person wieder erreichst, wie der Prozess weitergeht und in welchem Zeitraum du mit einer Rückmeldung rechnen kannst.
3.3 Nach dem Interview
Nach dem Gespräch geht es weiter mit:
- einem kurzen, persönlichen Dankeschön
In dieser Nachricht kannst du noch einmal einen Punkt hervorheben, der im Gespräch wichtig war, und dein Interesse an Rolle und Organisation bestätigen. - der Möglichkeit, eine Information nachzureichen
Vielleicht gab es etwas, das du im Interview nur kurz ansprechen konntest. In der Nachricht kannst du diesen Aspekt noch etwas klarer erklären. - Geduld und professionellem Umgang mit Wartezeiten
Auswahlprozesse verlaufen unterschiedlich. Manchmal musst du dich entscheiden, bevor du von anderen Organisationen hörst. Es ist wichtig, aktiv und interessiert zu bleiben, ohne zu aufdringlich zu wirken. - dem richtigen Umgang mit Absagen
Wenn du keine Zusage erhältst, kannst du dich bedanken und vorsichtig nach Feedback fragen. Nicht jede Person kann oder darf eine ausführliche Rückmeldung geben, aber jede kleine Information kann dir bei der Weiterentwicklung helfen.
4. Interviewformate verstehen
Es gibt unterschiedliche Wege, wie Interviews durchgeführt werden. Sie helfen Unternehmen, mehr Bewerber zu erreichen, fairer zu bewerten und Zeit sowie Kosten zu sparen.
4.1 Telefoninterview
Das Telefoninterview ist oft ein erstes kurzes Gespräch. Es soll klären:
- ob grundlegendes Interesse vorhanden ist
- ob dein Profil grob passt
- manchmal auch, in welchem Gehaltsrahmen du dich bewegst
Wichtige Punkte:
- ruhiger Ort mit guter Verbindung
- geladenes Telefon
- Klarheit, wer wen anruft
- Lebenslauf und Notizen griffbereit, ohne hörbar abzulesen
- bewusste, klare Stimme
4.2 Aufgezeichnetes Video und zeitgesteuerte Tests
Bei einem aufgezeichneten Interview beantwortest du Fragen in einem System, oft mit Zeitlimit, ohne direkte Gegenperson.
Dafür brauchst du:
- eine ruhige Umgebung und ausreichend Zeit
- eine Kamera auf Augenhöhe
- gutes Licht und einen ruhigen Hintergrund
- ein genaues Lesen der Anweisungen
Zeitgesteuerte Tests können Eignung, Persönlichkeit, Arbeitsweise oder technische Fähigkeiten prüfen. Übungsmöglichkeiten, sofern vorhanden, solltest du nutzen. Ein geladener Laptop und eine stabile Internetverbindung sind Pflicht.
4.3 Video Interview
Beim Live Video Interview sprichst du mit einer Person oder einem Panel in einem klassischen Gesprächsformat.
Wichtige Punkte:
- Nutzung eines Laptops oder Tablets statt Handy
- vorheriges Testen von Software und Verbindung
- passende Beleuchtung und neutraler Hintergrund
- Sitzposition und Kamera so, dass du den Blick auf Augenhöhe richten kannst
- Unterlagen griffbereit, aber nicht sichtbar als abgelesener Text
4.4 Persönliches Interview
Beim persönlichen Treffen nimmst du die Rolle sehr unmittelbar wahr. Hier spielen Umgebung, Umgangsformen und Auftreten eine größere Rolle.
Achte auf:
- Kleidung
In vielen Branchen ist ein Business Outfit üblich. Je nach Umfeld kann ein gepflegtes Business Casual reichen oder es gibt spezifische Anforderungen wie Laborkittel oder geschlossene Schuhe. - Unterlagen
Eine Mappe mit mehreren Lebensläufen, einem Notizblock, Stift und deinen Fragen ist sinnvoll. Außerdem solltest du Kontaktdaten der Ansprechpersonen und einen Ausweis dabeihaben. - Verhalten vor Ort
Plane genug Puffer ein, rechne mit Sicherheitskontrollen, schalte das Handy aus, begegne allen Personen respektvoll und beobachte aufmerksam, wie die Arbeitsumgebung wirkt.
5. Typische Arten von Interviewfragen

5.1 Lebenslaufbasierte und klassische Fragen
Diese Fragen knüpfen direkt an deinen Werdegang an. Typisch sind zum Beispiel:
- Erzählen Sie etwas über sich
- Warum möchten Sie hier arbeiten
- Was sind Ihre Stärken und Schwächen
Hier ist wichtig, dass du nicht einfach deinen Lebenslauf vorliest, sondern ihn einordnest. Lade die letzten Jahre in wenige thematische Schwerpunkte, die zur Rolle passen, und mache klar, wie sich deine Erfahrungen auf die Aufgaben übertragen lassen.
5.2 Verhaltens und Situationsfragen mit der STAR Methode
Bei Verhaltensfragen geht es darum, wie du in realen Situationen gehandelt hast. Die Grundannahme lautet: Wie du in der Vergangenheit mit Herausforderungen umgegangen bist, sagt etwas darüber aus, wie du künftig reagieren wirst.
Die STAR Struktur hilft dir, Antworten zu ordnen:
- Situation: kurze Beschreibung des Kontextes
- Task: Aufgabe oder Ziel
- Action: konkrete Schritte, die du unternommen hast
- Result: Ergebnis und Erkenntnisse
Die Kunst besteht darin, den Rahmen kurz zu halten und den Schwerpunkt auf Handlungen und Ergebnisse zu legen. Wenn es um Teamarbeit geht, darfst du „wir“ verwenden, solltest aber deutlich machen, was du persönlich übernommen hast.

6. Case Interviews und Brain Teaser
6.1 Case Interviews
In einem Case Interview analysierst du ein geschäftliches Problem und entwickelst im Gespräch eine Lösung. Der Schwerpunkt liegt auf deinem Denken, nicht auf einer absolut perfekten Antwort.
Erwartet wird, dass du:
- deine Gedanken laut aussprichst
- gezielt Rückfragen stellst, um Informationen zu sammeln
- sinnvolle Annahmen triffst
- Berechnungen und Abschätzungen nachvollziehbar machst
- am Ende eine Empfehlung oder eine klare Schlussfolgerung formulierst
Gleichzeitig spielt Kommunikation eine große Rolle. Die Person vor dir ist dein fiktiver Kunde oder deine Kundin. Sie soll das Gefühl haben, dass du strukturiert, sachlich und verständlich arbeitest.

6.2 Brain Teaser
Brain Teaser sind Denkaufgaben, die Logik, Mathematik, Kreativität und Stressresistenz prüfen. Meist gibt es keine einzige richtige Lösung, sondern es zählt, wie du an das Problem herangehst.
Beispiele:
- eine große Anzahl abschätzen, zum Beispiel, wie viele Tennisbälle in ein Flugzeug passen
- eine schnelle Rechenaufgabe lösen
- erklären, warum bestimmte Dinge eine bestimmte Form haben
- jemandem ohne technischen Hintergrund ein technisches Konzept erklären
- anhand von Gefäßen mit unterschiedlichen Größen eine bestimmte Menge Wasser abmessen
- beschreiben, wie du einen Alltagsgegenstand testen würdest
7. Typische Fragen verstehen und passend beantworten
Viele Fragen tauchen in Interviews immer wieder auf. Dahinter stehen bestimmte Absichten. Wenn du diese erkennst, kannst du deine Antwort gezielt ausrichten.
Einige Beispiele:

8. Unternehmen vor dem Interview recherchieren
Eine der häufigsten Fragen lautet: „Warum möchten Sie bei uns arbeiten“. Damit du diese Frage sinnvoll beantworten kannst, brauchst du Hintergrundwissen.
Wichtige Schritte der Recherche:
- Stellenbeschreibung genau lesen und mit deinen Erfahrungen abgleichen
- Online Plattformen mit Firmenprofilen und Branchendaten nutzen
- die Website des Unternehmens als Kundin oder Kunde betrachten
- Artikel in Fach oder Wirtschaftspublikationen suchen, um einen unabhängigen Blick zu bekommen
- wenn möglich, Menschen ansprechen, die dort arbeiten
Themen, die du kennen solltest:
- Mission und Geschichte der Organisation
- Produkte oder Dienstleistungen und die Zielgruppe
- wesentliche Unterschiede zu Wettbewerbern
- aktuelle Entwicklungen wie neue Produkte, Übernahmen oder neue Führungskräfte
- Programme für gesellschaftliches Engagement und Mitarbeitendenentwicklung
- grobe Eindrücke zur Arbeitsumgebung, zum Tempo, zu Team und Kundschaft
- grundlegende Informationen über deine Gesprächspartner, soweit verfügbar
9. Dich selbst einschätzen: die Interview Rubric
Zum Abschluss kannst du deine eigene Interviewleistung mit einer einfachen Rubrik beurteilen. Sie betrachtet zum Beispiel:
- verbale Kommunikation
- Körpersprache und nonverbale Signale
- Zuhören und Gesprächsführung
- Qualität und Relevanz deiner Antworten
- Umgang mit Verhaltensfragen und der STAR Struktur
- Vorbereitung und gezeigtes Interesse
- die Fragen, die du am Ende stellst
Für jeden Bereich kannst du dich auf einer Skala von Verbesserungsbedarf bis sehr gut einordnen. Ziel ist nicht, dich klein zu machen, sondern bewusst zu sehen, wo du schon stark bist und wo du bei der nächsten Übung ansetzen möchtest.
Schlussgedanke
Ein gutes Interview ist das Ergebnis aus Vorbereitung, Reflexion und ehrlichem Interesse an der Rolle und der Organisation. Wenn du deine Erfahrungen bewusst sortierst, typische Fragen verstehst, die verschiedenen Formate kennst und dich mit Hilfe einer einfachen Rubrik selbst überprüfst, gehst du mit ganz anderer Ruhe in das Gespräch.
Du wirkst dadurch strukturierter, erwachsener und besser anschlussfähig für Teams und Führungskräfte. Genau das macht in vielen Auswahlprozessen den Unterschied.
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